Gestern, ehe ich aus meinem Studienort wegfuhr, um eine Stippvisite zuhause zu veranstalten, um dort mit meiner Mutter geeignete Kleidungsstücke für diverse Festivitäten (Hochzeit in England, 50. Geburtstag meiner Tante) im Sommer zu kaufen, fühlte ich mich so, wie ich mich manchmal fühle. Dass ich zur schlechteste Version meiner selbst werde. Oder es gar schon bin.
Jeder von uns trägt ja positive und negative Eigenschaften in sich. Eigenschaften, die andere Menschen ihn lieben lassen und solche, die ihn andere Menschen hassen oder - schlimmer noch - gleichgültig sein lassen.
Nun, und ich dachte mal wieder, es ist soweit: ich bin wieder die schlechteste Version meiner selbst. Es ist schon länger nicht mehr so gewesen, dass ich mich so fühlte - eigentlich seit vor England nicht mehr. Das bedeutet nicht, dass ich mich in der restlichen Zeit toll finde, beileibe nicht, nur fühle ich mich auch nicht explizit schlecht in mir, als Ich.
Jedenfalls fuhr also die schlechteste Version meiner selbst nach hause. Eine gute Freundin fuhr mit. Während der Zugfahrt fand ich mich teilweise total bescheuert, manchmal aber auch okay. Wir redeten u.a. über das Buch, was wir zusammen schreiben, und sogar beim Sprechen über dieses Buch dachte ich mir nach vielen Aussagen so, "Oh mein Gott! Was war das denn schon wieder?!" Ich kann noch nichtmal genau sagen, was mich an mir so gestört hat - vermutlich hauptsächlich ein Anflug von Arroganz. Überheblichkeit. Selbstbeweihräucherung. Prahlen. Genau das, was ich um alles in der Welt nicht sein will.
Meine Mama holte mich am Bahnhof ab - mit ca. viertelstündiger Verspätung, da die Besprechung mit einer ihrer Referendarinnen doch etwas länger gedauert hatte. Wie immer, wenn ich dann mal zuhause bin, denkt meine liebe, süße Mami, dass wir etwas zum Kaffee haben müssten - also tranken wir ausgedehnt Kaffee mit Streuselkuchen. Das ist für mich immer der Innbegriff des Ich-bin-kurz-mal-wieder-daheim - die jeweiligen Neuigkeiten aus Familie und Umfeld werden gegen Neuigkeiten aus der Uni ausgetauscht.
Zuhause fühle ich mich immer ... naja, ZUHAUSE halt. Ich habe das Gefühl, ich kann so sein wie ich bin - ich kann auch mal ätzend sein, ich kann die schlechteste Ausgabe meiner Selbst sein, ich kann unausgeglichen sein, patzig, still, motzig ... ich werde immer geliebt. Niemand nimmt es mir dauerhaft übel, man freut sich, dass ich da bin.
Nach dem Kaffee machten meine Mama und ich dann einen Einkaufsausflug - der grandios erfolgreich endete. Ich besitze jetzt ein absolut traumhaft schönes Kleid. Irgendwie hatte ich auch während dieses Einkaufsbummels schon das Gefühl, dass ich mich wieder "bessere" - gerade so, als habe ich die eklige Hero-Ausgabe in meinem Studienort zurückgelassen und als werde sie hier, zuhause, in gewisser Weise gereinigt und wieder annehmbar gemacht. Wir trafen durch Zufall noch einen meiner Grundschulfreunde, mit dem ich sofort ein Date für den Abend ausmachte.
Abends dann auch typisch: Leckeres Abendessen (an meinem Studienort ja auch eher eine Seltenheit), danach ein ebenso leckerer ZDF-Krimi (wobei Peter Siskas Bruder blöd ist), zwischendrin noch ein panischer Computerproblemanruf meiner Schwester, das innerhalb von ca. 2 Sekunden behoben war - und danach das Date.
Ich hatte ihn schon ewig nicht mehr gesehen - ab und zu, ganz selten, läuft man sich mal an Ostern oder Weihnachten in der Kirche über den Weg, aber nicht wirklich oft. Wir tauschten unsere Neuigkeiten aus - durchaus sehr verschiedene Lebenswege, die wir da beschritten haben. Und er erzählte mir etwas sehr lustiges, etwas, wovon er sicher nicht wusste, wieviel es mir eigentlich bedeutet: er erzählte mir, dass er sich noch daran erinnert, dass meine Aufsätze immer so toll waren und dass er sich sogar noch an einen erinnert, von dem er dachte, dass ich den gar nicht selbst geschrieben haben kann - eine Phantasiegeschichte. Er konnte sogar einen Satz fast wörtlich rezitieren. Ich erinnerte mich keinen Deut an diesen Aufsatz, aber es freute mich einfach unbändig, dass sich scheinbar schon in der ganz kleinen Another Hero andeutete, woran letztendlich ihr Herz hängen würde. Es gab mir neuen Antrieb, es freute mich so sehr. Er ließ es sich nicht nehmen, alles zu bezahlen an diesem Abend ("Mach dir mal keine Gedanken, ich bin kein Student mehr!") und nachdem ich mir aus meinem Bücherregal noch ein paar Bücher nahm, in denen ich vorm Einschlafen herumblätterte, schlief ich tief und fest ein.
Heute morgen dann noch ein grandioses Highlight: Ich ging mit meiner Mama einkaufen - und wer fuhr die Rolltreppe herunter, als ich herauf fuhr? MEIN KLAVIERLEHRER. Er erkannte mich, wir waren beide ungefähr auf der Mitte der Rolltreppe - ich rannte einfach blitzschnell gegen den Strom nach unten zurück (mein Lieblingshobby als Kind ;o) ). Und da war er. Er sah aus wie immer: etwas zu dick, mit einem seine karierten Jackets, den pomadig-glänzenden Haaren (die ich ihm einfach nie übel nehmen konnte), dem enorm freundlichen Gesicht, den Wurstfingern, deren Fähigkeiten ich immer so bewundert hatte. Er schüttelte mir liebevoll die Hand, ich sah, wie froh er war, mich endlich mal wiederzusehen. Wir hatten eine tolle Beziehung. Er hat mich aufwachsen sehen (ich begann mit 7 mit dem Unterricht bei ihm, stoppte nach dem Abitur mit 18), eigentlich alles verdanke ich ihm. Hatten unsere unangenehmen Phasen, in meinen Teenagerjahren, als ich nicht gern geübt habe, kurz davor war, alles hinzuschmeißen, nicht mehr bei Jugend Musiziert mitmachen wollte. Später, als ich dann älter wurde, führten wir auch tiefsinnige Gespräche, neben dem Klavierspielen. Ich brachte ihm zu meiner letzten Klavierstunde eine selbstgebackene Schokotorte mit. Er hatte Tränen in den Augen und sagte, ich solle mich immer melden, er lasse mich nur ungern gehen, ich solle das Klavier nie vergessen.
Ich meldete mich in unregelmäßigen Abständen, einmal war sogar fast ein Treffen geplant, dann vergaß er doch, mich anzurufen, er war noch nie ein großer "Melder".
Jetzt jedoch soll es endlich geschehen. Er war froh zu hören, dass das Klavier immer noch eine zentrale Rolle in meinem Leben spielt. Er war begeistert, dass ich rum"komponiere" und will alles hören. Er will hören, was bisher aus mir geworden ist.
Gott, ich freue mich so, ihn getroffen zu haben und ich freue mich so, ihn endlich mal wieder zusehen.
Und ich habe im Gefühl, unter anderem sind es diese Begegnungen gewesen, v.a. die letzte mit meinem geliebten Ex-Klavierlehrer, die ich gebraucht habe. Dass ich wieder zu einer angenehmeren, besseren Version meiner selbst werde.
Alle, die mich in den letzten Tagen erlebt haben, bitte ich, mich zu entschuldigen. Es tut mir leid, wenn es euch auch aufgefallen ist, dass ich eine so eklige Version meiner selbst war. Ich bin auf dem Weg der Besserung! :o)
Another Hero - 21. Apr, 09:54
Eine Freundin meiner Schwester brachte mich ins Nachdenken. Mal wieder. Es ist auch immer dasselbe, worüber ich dann nachdenke.
Sie meinte (wie schon unzählige Leute vor ihr), dass ich aufpassen soll, dass ich nicht mit 45 vorm Spiegel stehe und denke, hätte ich doch nur. Hätte ich doch nur meine ganzen kreativen Ecken genutzt - oder es zumindest probiert.
Darauf gekommen sind wir einfach daher, dass sie mich fragte, was ich denn so mache. Ich erzählte dann, dass ich überglücklich bin, die Hauptrolle in unserem nächsten Theaterstück zu haben, dass ich neuerdings Leinwände bemale und dass ein Freund einen Film mit mir drehen will, wovon ich ja ganz hin und weg bin und am liebsten gleich morgen anfangen würde. Ich erzählte, dass ich ja auch schon Drehbücher geschrieben hätte und das total toll fände, weil man im Schreiben schon Visionen hat, wie es nachher aussehen soll ... Ach ja, meinte ich dann, ich mache auch demnächst noch Examen.
Diese Freundin meinte dann, ob ich denn nicht mal darüber nachgedacht hätte, dieses ganze kreative Potential zu nutzen. Beruflich. Ich meinte dann, ja klar, schon, aber ich hätte dann auch nicht gewusst, welches der vier Sachen (Musik, Theater/Film, Schreiben, darstellende Kunst) ich hätte wählen sollen, da mir alle fast gleichlieb sind. Desweiteren gehen diese kreativen Sachen auch zumeist mit einem sehr ungeregelten, unvorhersehbaren Leben einher und ich bin ein recht sicherheitsbedürftiger Mensch und wisse nicht, ob das dann etwas für mich seie. Und außerdem hatte ich mir immer gedacht, dass ich es mir mit diesen Dingen, die meine Leidenschaften sind und so wichtig, dass ich es fast nicht ausdrücken kann, nicht verderben will, denn ich befürchte, müsste ich sie beruflich machen und wäre gezwungen, etwas zu produzieren, jeden Tag aufs Neue, dass ich die Lust an ihnen verlieren würde und dafür sind sie mir zu wichtig. Desweiteren schätze ich meine Fähigkeiten so ein, dass sie zwar vielleicht mehr sind als durchschnittlich, aber auch nicht genug, um sie beruflich nutzen zu können.
Diese Freundin fand das auch sehr einleuchtend. Dennoch sagte sie, ich solle aufpassen und mir der Tatsache bewusst sein, dass man nach Abschluss des Staatsexamens 5 Jahre lang bei der Bewerbung um einen Referendariatsplatz dieselben Chancen hat, als habe man sich direkt nach Abschluss des Studiums beworben. Sie sagte, sie rate immer allen, wenn noch irgendetwas ist, was sie auch nur im geringsten bewegt, das in diesen 5 Jahren auszuprobieren. Sie selbst habe diese Möglichkeit nicht gehabt, da sie zu Beginn des Studiums ungeplant schwanger wurde und somit sofort Verantwortung übernehmen musste und sich ein solches Ausprobieren nicht hatte leisten können.
Und sie sagte zu mir, dass das für mich alles normal sei. Ich kenne mich seit 23 Jahren und es ist für mich normal, dass ich alles fast 1:1 abmalen kann, was ich will, dass ich Bücher schreibe, dass ich komponiere - das ist für mich normal, ich empfinde es nicht als außergewöhnlich - wie denn auch, ich kenne es nicht anders. Aber sie sagte mir, dass das nicht normal sei. Sie habe Bilder von mir gesehen und das sei nicht normal. Und es sei auch nicht normal, einfach mal so einen Film drehen zu wollen oder ein Buch zu schreiben.
Und sie sagte mir, ich solle dringendst irgendetwas unternehmen nach meinem Staatsexamen, wenn ich auch nur das Fünkchen eines Zweifels habe, ob ich denn glücklich werde, wenn ich es nicht wenigstens probiert habe. Wenn ich mir sicher sei, dass ich es nicht wolle, dass ich mit der Entscheidung, die künstlerischen Sachen in meinem Leben auf Freizeit und somit eher Hintergrund beschränken will, dann sei das absolut in Ordnung. Aber wenn ich auch nur eine Ahnung eines Zweifels habe, so solle ich irgendetwas versuchen. Praktikum beim ZDF zum Beispiel.
Nach diesem Gespräch war mir ganz klar: ich MUSS irgendetwas unternehmen. Ich werde nicht glücklich, wenn da immer die nagende Frage sein wird, und wenn es doch geklappt hätte? Wobei es war spät, ich hatte getrunken, das Zimmer lag in einem nur von kerzenschein erleuchteten Dunkel ...
Am nächsten Morgen sah das schon wieder anders aus. Da kamen mir sämtliche kreativen Bestrebungen wieder sehr vage und sinnlos vor. Da wusste ich schon wieder nicht, was ich denn (wenn ich mich entscheiden sollte, tatsächlich etwas zu unternehmen) genau tun solle, welche Richtung, welche Art ...
Jaaaaa, und jetzt bin ich wieder so weit wie vorher. Ich WEISS, es ist ein Fünkchen Zweifel da und ich WEISS, sehr viele Leute sagen, ich sei Perlen vor die Säue.
Und ich frage mich auch immer, ob ich es den Fähigkeiten schuldig sei, sie zu nutzen. Ich meine, ich habe sie für mein Leben mitbekommen und ich finde, jeder hat die Pflicht, das zu nutzen, was er mitbekommen hat und seine angeborenen Fähigkeiten bestmöglichst zu nutzen. Und ich weiß eben nicht, ob ich es schon genügend nutze, oder ob da noch mehr drin ist.
Wenn irgendjemand mir in irgendeiner Weise seine Meinung kundtun will, so wäre ich demgegenüber mehr als aufgeschlossen :o)
Eure momentan sehr verwirrte
Another Hero
Another Hero - 6. Apr, 11:23
Ich will schreiben.
Ich habe das innere Bedürfnis, zu schreiben.
Ich habe eben etwa eine Stunde lang in meinem Zimmer gesessen. Ich habe Sachen aus der Schulzeit in die Hand genommen, alte Unterlagen, Hefte, Briefe durchgeblättert, habe kurze Kinderbüchlein gelesen (für die, die sie kennen: Little Miss Bücher - von einer speziellen Little Miss übernahm ich ja auch mein Pseudonym bei fast allen anderen Internetidentitäten) - aber ich wartete letztendlich die ganze Zeit auf einen Einfall. Eine zündende Idee. Denn ich will schreiben. Ich verspüre tief in mir den Drang, wieder einmal etwas zu Papier zu bringen.
Mir fielen auch die ganzen Absagen wieder in die Hände, die mir diverse Verlage damals sendeten, als ich im zarten Alter von 17 dachte, ich könnte ja mal einen Versuch starten. Zugegebenermaßen hätte ich mich auch nicht verlegt damals. Ich war 17, hatte weder besonders viel Lebenserfahrung noch einen besonders brillianten Schreibstil ("brilliant" schreibe ich übrigens absichtlich falsch, da ich finde, das zweite "i" ist aus rein ästhetischen Gesichtspunkten unerlässlich - und bei der Aussprache ist es ja eigentlich eh immer dabei).
Ich fühlte mich zu allem anderen eben unfähig. Nichts sonst konnte mich begeistern. Mir ging es fast körperlich schlecht, ich fühlte mich wie ein Tiger, der den ganzen Tag über an den Gittern antlang von rechts nach links und von links nach rechts seinen Käfig durchschreitet. Schon als Kind taten mir bei Zoobesuchen diese Tiere leid. Es waren ja nicht nur Tiger, es gab auch Löwen, Panther, Leoparden. Ich hätte nie gedacht, dass ich selbst mal so ein Tiger sein würde.
Ich muss schreiben.
Ich glaube, es gibt nichts Unbefriedigenderes auf dieser Welt als den Willen, etwas zu schaffen und es nicht zu können. Aus Mangel an Ideen. Aus zu vielen verworfenen Ideen. Dieses Leiden kann glaube ich niemand sonst nachvollziehen, als jemand, der es selbst einst erlebt hat.
Wem dieser Eintrag bisher merkwürdig vorkommt, der hat völlig recht. Für einen Moment dachte ich nämlich, ich könnte ja genau so ein Buch anfangen. Dass jemand schreiben will und nicht kann. Blöde Idee. Nicht besonders originell und schon beim Schreiben war mir wahnsinnig langweilig. Um dem Geschmiere aber wenigstens ein bisschen Sinn zu geben, dachte ich mir, schreibe ich es doch einfach hier herein. ;o)
Dabei hätte ich es wissen müssen. Eigentlich habe ich schon genug Erfahrung mittlerweile, um zu wissen, dass man auf Befehl nur in den allerseltensten Fällen etwas Kreatives tun kann. Dass klappt weder beim Schreiben, noch beim Komponieren, noch beim Malen. Und irgendwann, ganz unerwartet, ist es dann soweit.
Eine Idee.
Unbemerkt hat sie sich hereingeschlichen ins Bewusstsein, und nun drängt sie sich immer penetranter in den Vordergrund, drängt darauf, in die Tat umgesetzt zu werden. Ach, wie sehne ich diesen befreienden Augenblick herbei! Ich weiß, wenn ich warte, wird er kommen.
Übrigens habe ich vorgestern einen ersten wichtigen Schritt getan. Etwas, was ich immer schon hatte machen wollen und mich nie getraut habe. Ich habe meinen Ordner hervorgeholt, in dem so gut wie alles, was ich bisher schrieb, drin gesammelt ist, und habe meine ersten Krimis gelesen. Ich dachte mir, ich habe jetzt schon so eine zeitliche und emotionale Distanz zu ihnen (ich schrieb sie, als ich so um die 16 war), dass ich mir sie ruhig noch einmal vornehmen kann - nicht zuletzt, um zu schauen, ob eine Überarbeitung sich lohne.
Einerseits muss ich sagen, war ich ganz angetan, denn ich kam auf die Lösung der Krimis nicht selbst. Ich konnte mich selbst an die Handlung nicht mehr erinnern und so waren sie spannend bis zur Auflösung. Andererseits muss ich aber auch zugeben, dass der Schreibstil doch seeeeeeehr zu wünschen übrig lässt - was in dem Alter vermutlich auch nicht weiter verwunderlich ist. Ich habe auch viel zu "straightforward" geschrieben, zu wenig Verwicklungen eingeführt, bzw. die, die da waren, zu wenig ausgebaut. Es waren auch immer nur so um die 50 Seiten und das ist ja nun auch nicht so sonderlich viel. Ich habe mir jetzt mal von zweien (dem allerersten mit dem mächtigen Namen "Rache stirbt nie" und den dritten mit Namen "Ein Sommernachtsalptraum" - der zweite war leider nicht ausgedruckt) die Handlung herausgeschrieben und werde nun schauen, ob ich mich irgendwann mal daran setze, sie vernünftig umzuschreiben. Ich würde dann ganz neu anfangen und das, was ich bisher habe, gar nicht mehr einbeziehen. Lust hätte ich schon ... mal schauen ...
Ich fand auch noch ein sehr interessantes Schriftstück, was ich in der 12. Klasse oder so schrieb. Ich war damals ein großer Fan des Films "Notting Hill". In diesem Film spielt Julia Roberts ja eine äußerst bekannte Schauspielerin und Hugh Grant sieht sich in einer Szene Filme ebendieser Schauspielerin an. Man sieht die Schlussszene dieses 'Films im Film' und ich hatte damals scheinbar nichts besseres zu tun, als einen Roman zu schreiben, der genau mit dieser in diesem Film gezeigten Szene endet. Er hieß "Kunst!" und ich muss ihn unbedingt nochmal lesen ...
Dies ist jetzt ein sehr sehr ungeordneter und chaotischer Eintrag, ohne Struktur, ohne Aufbau, ohne alles. Ich habe ihn im Affekt geschrieben. Also verzeiht bitte. Ich schrieb gerade das, was mir in den Sinn kam.
Aber wisst ihr was? Ich fühle mich jetzt besser. Das hier ist zwar kein Roman, aber es ist schreiben. Und genau das wollte ich ja. Scheinbar (und das hätte ich nicht gedacht), ging es teilweise wirklich nur um den Akt des Schreibens. Was ich schreibe war wohl völlig gleichgültig und so tat es auch dieser Blog. Wie wundervoll! Nun kann ich diesen Tag doch noch fröhlich beschließen!!! :o)
An Skywalker: natürlich ist das ganze Dilemma nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass ich von der Filmdrehidee so begeistert bin, dass ich am liebsten sofort starten würde. Das hat sicherlich diese ganze Schreibwelle in mir hervorgerufen. Doch im Moment bin ich mir noch nichteinmal sicher, in welche Richtung das Drehbuch gehen soll. Soll es witzig sein? ernst? dramatisch? tragisch? seriös? durchgeknallt? Ich habe nicht den blassesten Schimmer bisher. In meinem Hinterkopf jedoch brodelt und brütet es und ich weiß, irgendwann wird es kommen. Und dann, mein Lieber, wird das alles ganz großes Kino! ;o)
Another Hero - 2. Apr, 21:01
Ich hatte heute eine Einsicht.
Der Junge, in den ich nicht verliebt bin, war heute da. Wir sprachen über dies und das und das und dies und irgendwie kamen wir darauf, dass ich immer ohnmächtig werde (also ich werde es nicht wirklich, weil ich es mittlerweile merke und mich vorher rechtzeitig hinsetze bzw. -lege), wenn irgendetwas mit meinen Händen ist.
Ich wurde fast ohnmächtig, als ich mit ca. 14 in Glasscherben fiel und mir in den Finger schnitt - so tief, dass ich bis heute kein Gefühl mehr in der rechten Fingerspitze habe und die Narbe bis heute höllisch weh tut (das sind wirklich Schmerzen, die ich bis dahin nicht kannte).
Ebenso wurde ich fast ohnmächtig, als ich vor ca. zwei Jahren bei einer Theaterprobe, beim Tragen einer Requisite, eines Tisches, mit dem Knöchel des linken Zeigefingers mit dem Türrahmen kollidierte. Da passierte zwar eigentlich nichts, aber es tat weh und wurde zunächst sehr merkwürdig weiß. Und da die Schmerzen nicht weggingen, ging ich letztendlich nach einem ernüchternden Besuch bei einem Orthopäden zu einem Handchirurgen (der mir attestiert, dass ich äußerst schwabbelige Bänder habe - was aber den Vorteil habe, dass ich mir so leicht keine Finger brechen werde - was aber etwas ist, mit dem ich halt leben muss - daher übrigens auch meine Anfälligkeit für Sehnenscheidenentzündungen und auch Knochenhautentzündungen)
Und ich wurde fast ohnmächtig, als vor ca. einem Jahr meine rechte Hand im Scharnier einer Tür (also ich hatte meine Hand an der Seite im Türrahmen, wo die Scharniere sind) eingequetscht wurde, weil sie jemand zumachte und von meiner dort - zugegebenermaßen sehr ungünstig plazierten Hand - nichts wusste.
Meine (Zahn)medizinstudentenfreundin meinte mir, dass sei ein typischer Schock: es trete nicht sofort ein, sondern etwas zeitversetzt, und es trete nur ein, wenn es um meine Hände ginge.
Meine Hände, so muss man wissen, sind mir wahrscheinlich das Wichtigste auf der Welt (Menschen ausgenommen). Das, was mir am meisten bedeutet, kann ich ohne Hände nicht machen.
Jener Junge, in den ich nicht verliebt bin, konnte das nicht nachvollziehen. Ich versuchte ihm zu erklären, dass ich psychisch sehr nahe am Tod wäre, wenn ich durch etwas, was meinen Händen zustößt, nicht mehr in der Lage sein sollte, Klavier zu spielen.
Mein Klavier weiß alles über mich. Es kennt meine innersten Gefühle, meine Ängste, meine Freuden, meine Leidenschaften, meine Sorgen. Ich kann ihm nichts vormachen und ich brauche ihm auch nichts vorzumachen. Ich bin ihm gegenüber absolut ehrlich. Es weiß alles über mich, genau in dem Moment, in dem ich mich an es setze und zu spielen beginne. Wenn meine Hände über die Tasten fliegen, gleiten, springen, huschen, donnern, kann ich all das, was in mir ist, auf mein Klavier abladen. Es nimmt es klaglos hin. Es erlaubt mir, ganz ich selbst zu sein. Es erlaubt mir, ihm alle Lasten aufzubürden.
Die Musik, das Klavier, und vor allem die Fähigkeit, es zu spielen, brauche ich wie die Luft zum atmen. Wäre mir das genommen, würde es sehr schwierig werden, mich damit abzufinden.
Und jemand, mit dem ich eine Beziehung eingehen will, muss das unbedingt verstehen können.
Another Hero - 27. Mär, 00:32
Heute passierte schon wieder etwas, was mich an der Welt und dem Guten im Menschen zweifeln lässt.
Meine Mama erzählte mir, dass mein Opa von einem Auto angefahren wurde. Gott sei Dank ist ihm außer ein paar Prellungen nichts passiert.
Das wirklich Schlimme an der Sache ist, dass der Autofahrer noch nicht einmal ausstieg. Er rief ihm zu, man müsse halt etwas schneller gehen. Mein Opa war Gott sei Dank zumindest zu schlagfertig, ihm zu entgegnen, man müsse halt etwas langsamer fahren. Der §?}%"(ß!& Fahrer ließ sich noch nicht einmal dazu herab, aus dem Auto auszusteigen, um sich zu vergewissern, dass meinem Opa nichts passiert ist.
Mein Opa wird im Mai 87. Es ist ganz klar, dass er nicht mehr flink wie eine Gazelle über die Straße hüpfen kann.
Dass er angefahren wurde, ist nicht mein Problem - sowas kann passieren. Und, wie gesagt, es ist ja Gott sei Dank nichts dramatisches passiert.
Das Schlimme finde ich das schon fast menschenverachtende Verhalten des Autofahrers.
Ich frage mich, wie man so wird. Wie ist dieser Mensch so geworden?? Was ist ihm in seinem Leben passiert, dass sich dieser Charakter entwickelte? Hat er vielleicht zuhause keine andere Behandlung erfahren und kennt es somit nicht anders?
Ich verstehe es nicht.
Another Hero - 22. Mär, 14:13
Ich denke, die meisten Leute versuchen, ein guter Mensch zu sein.
Ich auch.
Als ich mit meiner Schwester während meines Englandaufenthaltes letztes Jahr zum Beispiel eine kleine Rundreise machte, beschloss ich, Pennern und merkwürdig und obdachlos anmutenden Menschen nicht mehr so abweisend gegenüber zu reagieren, wie ich bisher das Gefühl hatte es getan zu haben. Sprach mich einer an, hatte ich stets versucht, so zu tun, als habe ich es nicht gehört oder sei in ein Schaufenster o.ä. so sehr vertieft, dass ich nichts außen herum mehr wahrnehmen konnte. Warum ich das tat? Ich denke, teilweise aus Angst, jene Personen könnten mich angreifen, vielleicht auch ein bisschen Ekel - aber genau weiß ich es gar nicht.
Daher beschloss ich, es einfach nicht mehr zu tun.
Und so kam es, dass ich mich mit einem Obdachlosen in Cambridge unterhielt während ich auf meine Schwester wartete. Er hatte mich einfach angsprochen. Nicht um Geld zu erbetteln, nicht um mich anzumachen - nein, er suchte einfach Kommunikation. Und die gab ich ihm. Er erzählte mir von seinem Leben, wie es dazu kam, dass er jetzt so war wie er war und welche Hoffnung er hatte, es zu ändern und wodurch.
Was davon stimmte, weiß ich nicht. Das ist letztendlich auch belanglos. Fakt ist, dass ich danach dachte - hey, du warst gerade nett und er war auch sehr nett.
Und so beschloss ich, einfach "netter" zu sein zu allen, solange sie mir nichts taten.
Heute wurde mir jedoch klar, dass das nicht immer der richtige Weg ist.
Normalerweise gebe ich Bettlern nichts. Wirklich nicht. Es ist bekannt, dass manche Bettler horrende Summen am Tag einnehmen und sich auch nicht gerade sehr vorbildlich verhalten. Ich glaube, daher bin ich so zurückhaltend. Zumal ja auch nicht alle unschuldig an ihrer Situation sind.
Doch heute sprach mich ein älterer Herr am Bahnhof an. Ich stand da gerade so rum und wartete darauf, dass ich mit einem Freund sprechen konnte. Er war gerade am arbeiten, d.h. ich musste warten, bis die Kundschaft bedient und zufrieden abgezogen war. Da sprach er mich an. Er fragte, ob ich etwas Kleingeld habe. Ich wusste, dass ich sogar reichlich Kleingeld hatte - morgens beim Frisör war es mir aufgefallen, dass mein Geldbeutel vor Kleingeld fast zerbarst.
Da ich gerade sehr gut gelaunt war (zugegebenermaßen nicht gerade eine Seltenheit), und mir dachte, hey, warum eigentlich nicht, gab ich ihm 50 Cent. Für mich keine Summe. Merke ich gar nicht.
Natürlich dachte ich mir, dass dieser Mann sicherlich nichts "Sinnvolles" mit dem Geld anfangen wird. Aber andererseits dachte ich mir, dass wenn er das Geld versaufen will und damit zumindes für eine kurze Zeit halbwegs glücklich wird - dann sei's drum. Sein Leben ist wahrscheinlich schon so verpfuscht, dass das den Bock auch nicht mehr fett macht. Und besser er bekommt es, als er klaut, denn am Bahnhof stehen ja schon öfters mal kurzfristig unbeaufsichtige Gepäckstücke und Handtaschen herum.
Als ich mich allerdings dann wieder meinem Freund zuwendete, der nun kundenfrei für mich da war, fragte er mich, ob ich allen Ernstes diesem Menschen, der nun dankend abzog, Geld gegeben hätte - was ich wahrheitsgemäß bejahte. Er meinte, ich solle das nie wieder tun. Er hätte diesen Mann während seiner Arbeitszeit schon des öfteren beobachtet und er sei ein unfreundlicher Mensch, unhöflich, unmöglich und noch dazu denke er, er klaue auch.
Was ich nun also erkennen muss ist, dass die Welt nicht so nett ist wie ich. Ich glaube an das Gute im Menschen, doch ich glaube, ich muss lernen, dass das nicht immer sehr viel ist. Nicht in jedem Menschen ist viel Gutes. Ich hatte das unbeschreibliche Glück, nur umgeben von "guten" Menschen aufzuwachsen und bin auch jetzt umgeben von solchen.
Doch ich darf von dort nicht auf die ganze Welt schließen. Ich darf nicht naiv sein. Und daher ist auch nicht jede gute Tat tatsächlich eine solche.
Another Hero - 21. Mär, 17:58
Jeder hat Träume. Beziehungsweise jeder sollte Träume haben.
Es gibt verschiedene Arten von Träumen - manche sind realistisch und, wenn alles glatt geht, werden sie auch in Erfüllung gehen.
Doch dann gibt es noch diese Träume, die alles andere als realistisch sind, Träume, die man zunächst einmal Kindern zu schreibt. Kinder, die davon träumen, mal Ballerina zu sein oder Fußballstar. Ich persönlich träumte zunächst davon, Schauspielerin zu werden. Dann Astronautin. Ich las sogar Bücher über Astronauten, habe immernoch ein sehr tolles, das mir meine Eltern zum Geburtstag schenkten, in dem alles genau erklärt ist. Was man trägt, wie die Luftdruckveränderung wirkt ...
Der Astronautentraum wurde irgendwann ad acta gelegt. Zusammen mit anderen. Nicht, weil sie unrealistisch gewesen wären, sondern weil ich einfach in gewisser Weise das Interesse daran verlor. Also ich würde immer noch gerne mal als Astronaut in den Weltraum fliegen, aber andere Träume haben sich in den Vordergrund gedrängt. Es gibt etliche Träume momentan. Unter anderem auch den von
Solskin von gestern. Und noch viele mehr.
Ich bin jetzt doch schon wesentlich älter als jenes kleine Mädchen, was Schauspielerin werden wollte. Damals wollte ich zunächst Theaterschauspielerin werden. Dann, als ich anfing in die Pubertät zu kommen und zu "self-conscious" (mir fällt nie ein passendes deutsches Äquivalent dazu ein) wurde, zog ich den Film vor, da man da sein Publikum ja nicht direkt sieht und ich dachte, dass es mir so leichter fallen würde, zu spielen.
Jetzt, etliche Jahre nach Entstehung dieses Traumes, bin ich auf der Theaterbühne angelangt - es war ganz einfach. Ich liebe es. Es ist nicht mein Beruf, es ist mein Hobby - Gott sei Dank. Mein großer Traum ist es natürlich, mal in einem richtigen Film oder im Fernsehen eine Rolle spielen zu können. Dies, so bin ich fast fest überzeugt, ist einer der unrealistischen Träume. Ich habe keine Kontakte, keine perfekte Figur, sehe durchschnittlich aus, bin vermutlich noch nichtmal überdurchschnittlich begabt, bin zu nett und rücksichtsvoll um mich durchbeißen zu können und, wie gesagt, kenne niemanden, der auch nur annähernd damit zu tun hätte.
Das Interessante an der ganzen Sache ist ja. Wenn ich die Oscar-Verleihung anschaue, will ich das auch. Wenn ich einen Film sehe, will ich da auch mitspielen. Doch ganz tief drinnen weiß ich, dass es nie passieren wird.
Doch noch ein ganz kleines Stückchen tiefer drinnen, ist noch ein Funken Hoffnung. Der Traum glüht noch. Natürlich ist er zugedeckt von der Vernunft und er weiß auch, dass ich ihn nicht ernsthaft verfolge, aber dennoch ist er stets da. Er ruft sich zuweilen in Erinnerung, doch das ist eigentlich gar nicht nötig, denn ich habe ihn sowieso nicht vergessen. Im Laufe der Zeit haben sich die Ansprüche an ihn auch zumindest leicht heruntergeschraubt. Doch er bleibt.
Und erst wenn er weg ist, fange ich an, mir Sorgen um mich zu machen.
Another Hero - 21. Mär, 11:02
Aufgrund aktueller Geschehnisse fiel mir folgendes Zitat aus dem Film "Mondsüchtig" wieder ein. Es ist ziemlich pessimistisch und ihr wisst, so bin ich eigentlich nicht, aber ich muss es einfach mal loswerden hier.
So ... so wie man's dir gesagt hat, ist die Liebe nicht. Ich habe das auch nicht gewusst. Die Liebe macht nicht alles schöner, sie ruiniert einfach alles. Sie bricht dir das Herz, sie bringt alles durcheinander. Wir ... wir sind nicht hier, um vollkommen zu sein. Schneeflocken sind vollkommen ... die Sterne sind vollkommen. Wir nicht, wir nicht. Wir sind hier, um uns unsere Herzen zu brechen und um uns selbst zu zerstören, um die falschen Menschen zu lieben und um zu sterben.
Another Hero - 7. Mär, 15:28
Ich glaube, gestern war die zweite Gelegenheit, dass mir bewusst wurde, was Freundschaft, wahre Freundschaft eigentlich ist. Das soll jetzt nicht Taten oder Zeichen degradieren, die andere Menschen mir bisher als Freundschaftsdienste erwiesen. Aber gestern war so ein Erlebnis, dass ich sicherlich niemals vergessen werde und dass ich jener Person sicherliche niemals vergessen werde.
Dieses Geschehnis gestern veranlasst mich dazu, auch an das erste Erlebnis zu denken, was mir damals zeigte, was Freundschaft eigentlich ist und was meine sicher leicht idealisierte Vorstellung von Freundschaft mit beeinflusst hat.
Ich war damals in der 12. Klasse - also so lange ist es eigentlich noch gar nicht her. Ich hatte damals einen Freund, sehr lange schon. Wir hatten uns in der 5. Klasse kennengelernt und waren sofort unzertrennlich. Wir sind sozusagen zusammen aufgewachsen, haben gemeinsam die Stromschnellen und Wasserfälle auf dem Weg zum Erwachsenwerden gemeistert, waren füreinander da, wenn wir uns brauchten und auch, wenn wir uns nicht brauchten.
Dieser Freund hatte dann in der 12. Klasse eine Freundin. Natürlich brachte dies auch eine Veränderung in unserer Freundschaft mit sich. Nicht zuletzt dadurch, dass er mir kurze Zeit später beichtete, dass er eigentlich seit der 7. Klasse in mich verliebt war und sich in seine Freundin verliebte an dem Abend, da er gewisse charakterliche Ähnlichkeiten zwischen uns feststellte. Seit er also diese Freundin hatte, die dazu noch rasend eifersüchtig auf mich war, da jener Freund auch so unvorsichtig gewesen war, ihr von seinen Gefühlen mir gegenüber zu erzählen (?!?!?!?! - aber er hatte es getan), war nicht mehr alles so wie vorher. Wir "entfremdeten" uns sozusagen bis zu einem gewissen Grad.
Dann wurde mein Ranzen geklaut.
Ich hatte ihn - wie wir es eigentlich immer machten - in der Pausenhalle stehen gelassen, ehe ich mit ein paar Freunden in einer Freistunde in die Altstadt gegangen war. Als ich zurückkam, war er weg. Zunächst dachte ich mir nichts dabei - ich dachte, eine Freundin habe ihn zu unserem Klassenraum mitgenommen (er war leicht als der meine zu erkennen, da ich eine riesige Stoffsonnenblume draufgenäht hatte). Doch das hatte sie nicht. Wir hatten Mathe und ich lieh mir für die Stunde einfach Papier und Stifte von jener Freundin aus.
In der Pause danach machte ich mich wieder auf die Suche. Unter anderem fragte ich auch jenen Freund, ob er meinen Ranzen gesehen habe. Hatte er nicht. Ich wurde ziemlich verzweifelt. Nicht nur, weil alle möglichen abirelevanten Sachen drin waren, sondern hauptsächlich, weil sehr viele nicht materiell wertvolle Dinge, mit denen nur ich etwas anfangen konnte, drin waren. Mein Ideenbuch - unersetzlich, wenn unwiederbringlich verloren. Ebenso mein Aufgabenbuch, das ich stets liebevoll ausgestaltete - mit Zeichnungen, Gemälden, Beklebungen etc. Ich war den Tränen nahe.
Jener Freund merkte das. Wir hatten in den Monaten vor dieser Sache eigentlich nicht sehr viel miteinander zu tun gehabt, aber er kannte mich, seit ich 10 war und er merkte, wie es mir ging und dass mir das unendlich viel ausmachte.
Er ging durch sämtliche Räume mit mir. Er ging jeden Gang unserer Schule mit mir ab. Er übernahm die Jungentoiletten während ich die Mädchentoiletten absuchte. Es klingelte und eigentlich hatten wir Musik (einer der wenigen Kurse, die wir in der Oberstufe zusammen hatten), doch er erwähnte noch nichtmals, dass wir eigentlich dahin müssten. Er wusste auch, dass die ganze Suche nutzlos war, denn was um Gottes Willen sollte mein Ranzen im Kunstsaalabstellraum?! - doch er ging fraglos und ungefragt einfach mit mir.
Als ich schließlich die Tränen nur noch schwer zurückhalten könnend auf mein Fahrrad stieg um heimzufahren, drückte er mich kurz. Er ging noch in den Rest der Musikstunde, ich fuhr verzweifelt heim.
Den Inhalt meines Ranzens zu verlieren war schrecklich. Wer mich kennt, weiß, dass ich ein rundum glücklicher und ausgeglichener Mensch bin. In den darauffolgenden Tagen ging es mir so schlecht wie noch nie. Ich glaube, ungelogen sagen zu können, dass das die schlimmsten Tage meines Lebens bisher waren (und das will schon was heißen, denn, mein Gott, es war nur ein Ranzen, den ich verlor). Ich lag hauptsächlich im Bett und weinte. Um meine verlorenen Ideen. Um meine verlorenen Zeichnungen. Meine Eltern waren grandios und suchten den Stadtpark neben meiner Schule ab. Das Flussufer. Alles. Und sie fanden einiges. Den "unwichtigen" Inhalt meines Geldbeutels - sprich: Fotos, alte Kinokarten etc. aber auch jene Stoff-Sonnenblume, die ich glücklicherweise noch nicht geschafft hatte, wieder fest anzunähen, da sie ziemlich locker geworden war.
Doch ich hatte nicht nur etwas verloren, ich hatte auch etwas gewonnen - auch wenn mir das erst wesentlich später bewusst wurde. Ich hatte die Einsicht in wahre Freundschaft gewonnen. Ich weiß nicht, ob man das so nachvollziehen kann, wenn man das nur so liest, wie ich es schreibe. Egal, was zwischen jenem Freund und mir bis dahin vorgefallen war - mir war klar, dass er ein wahrer Freund ist. Der genau weiß, was ich in diesem Moment gefühlt habe, auch wenn er es nicht nachvollziehen konnte. Der einfach nicht in den Unterricht ging, weil er wusste, ich habe ihn nötiger.
Er ist immer noch mein Freund - und ich glaube, das ändert sich so schnell auch nicht. Es sind schon die krummsten Dinger zwischen uns gelaufen, aber das konnte uns bisher keinen Abbruch tun. Auch wenn wir längere Zeit mal nichts voneinander hören, wir wissen umeinander und wissen, dass wir da sind, wenn wir gebraucht werden.
Gestern nun durfte ich den zweiten grandiosen Freundschaftsbeweis erleben.
Ganz im Gegensatz zu oben genanntem Freund, kenne ich diesen Freund erst seit eigentlich sehr kurzer Zeit. Doch Zeit ist relativ. Tatsächliche Zeit und gefühlte Zeit klaffen in diesem Fall sehr auseinander. Wir füllen noch konstant Lücken über unsere bisherigen Leben, aber aus irgendeinem Grund kennen wir uns als Charaktere schon so gut, als haben wir schon gemeinsam im Sandkasten gespielt.
Was tat nun dieser Freund? Nun, er erkannte, dass ich unglücklich war. Er wusste, was ich eigentlich wollte und mich nur nicht traute zu sagen, weil ich - zu deutsch gesagt - ein Schisser war. Weil ich gerne mal meine Interessen hintenan stelle, um andere nicht zu enttäuschen. Was ja prinzipiell nicht schlecht ist, aber eben nicht immer sinnvoll. Da er mich kennt, wusste er, dass ich ein wenig Anstoß bräuchte, um über meinen Schatten zu springen und etwas zu sagen. Und wie schaffte er das? Nun, eigentlich hauptsächlich durch durchdringende Blicke. Natürlich sagte er auch etwas, aber ich glaube, das, was letztendlich den Ausschlag gab, waren diese Blicke. Blicke quasi auf den Grund meiner Seele, Blicke die mir sagten, hey, jetzt mach schon, sonst wirst du es ewig bereuen. Das hätte ich auch, das weiß ich.
Er nahm mir das Saure-Apfel-Beißen nicht ab, was er natürlich sehr leicht hätte machen können in diesem Fall, nein, er zeigte mir nur, dass ich es machen muss. Es war ihm nicht egal, dass ich unglücklich war. Und er kannte mich so gut, um zu wissen, dass ich ohne Hilfe daran nichts ändern würde.
Freunde, denke ich, sind eben genau das. Leute, die einen kennen mit allen Vor- und Nachteilen, mit allen Stärken und Defiziten. Die wissen, was sie wann tun müssen, um einen auf den richtigen Weg zu lenken. In gewisser Weise erfordert das auch Mut, denn man mischt sich ein, man macht sich mitverantwortlich.
Ich kann eigentlich gar nichts mehr sagen, nicht mehr als das. Ich fühle mich immer noch schwebend, dahingleitend auf einer Wolke der Glückseligkeit. Solche Freunde zu haben ist nicht selbstverständlich - es ist ein Geschenk des Himmels. Und wenn man sie hat, sollte man sie festhalten. Nicht so fest, dass man sie erdrückt, aber man sollte sie pflegen.
Insofern sollten die Erwähnten sich darauf einstellen, dass ich ihr Leben nicht mehr verlassen werde.
"Auf dass wir ewig halten."
Another Hero - 5. Mär, 16:39