Es ist ja oft so, dass man Dinge, die passieren oder passieren werden, rational schon internalisiert hat und somit eigentlich weiß, was geschehen wird. Die Information ist sozusagen abgespeichert.
Doch gibt es genauso oft auch den Punkt, an dem man erst wirklich
versteht und
realisiert, was passieren wird und welche Implikationen das hat.
Ich habe in den letzten Tagen ein paar solcher 'Erkenntnisschläge' erlebt - zwei sehr verschiedene. Beide kamen eigentlich ohne Vorwarnung, wie das eben solche Erkenntnisschläge so an sich haben. Das, was mich eigentlich verwundert hat, ist, dass sie eben genauso funktionieren, wie ich es oben schrieb. Man
weiß die Dinge, man hat die Information - doch man braucht diese 'Erkenntnis', um die Dinge und ihre Implikationen wirklich zu verstehen.
Der erste Erkenntnisschlag diese Woche war eher positiver Natur. Ich realisierte während eines Gesprächs, dass mein Anglistik-Studium mit Abschließen der letzten schriftlichen Prüfung nun vollends vorbei ist. Wenn ich nicht möchte, muss ich erstmal nichts mehr mit Anglistik zu tun haben. Das, worauf ich sozusagen die letzten fünf Jahre über hingearbeitet habe, ist nun erreicht. Wenn das Ganze dann für Spanisch auch noch geschafft ist, wird in absehbarer Zeit ein komplett neuer Lebensabschnitt für mich beginnen. Ein Lebensabschnitt, dem ich mit diesem typischen Gemisch aus Furcht und Freude entgegensehe. Mein Leben wird zwangsläufig ernster, die Dinge, die ich tue, werden wichtiger und von größerer Tragweite, ich muss sowohl für mich selbst als auch für anderes sehr viel mehr Verantwortung übernehmen als es bisher der Fall war. Gewusst habe ich das schon seit vergangenem Mai ungefähr - doch realisiert habe ich es erst vor drei Tagen.
Der zweite Erkenntnisschlag war eher schmerzhafter Natur. Schon seit ungefähr Oktober letzten Jahres wusste ich, dass meine liebste Freundin für ein Jahr den Sprung über den Atlantik tätigen würde - doch erst gestern habe ich es realisiert, dass sie mir das Jahr über einfach an allen Ecken und Kanten fehlen wird. Klar, es ist noch Zeit, bis es soweit ist und diese Realisation kam reichlich früh - aber, wie gesagt, diese Erkenntnisschläge sind meist nicht planbar oder vorhersehbar. Auch hier wieder ein Gefühlsgemisch. Traurigkeit einerseits für mich, weil sie fehlen wird. Der Alltag wird fehlen, mit gemeinsamem Rumhängen, Unmengen an Kaffee trinken und dabei das eigene und das Leben der anderen auseinanderdröseln, essen ohne Maß und Ziel, sich gemeinsam in kreativen Extasen verlieren, Bücher und Filme ausdiskutieren, sich gegenseitig bei Studien und Lernarbeiten unterstützen, sodass sogar die langweiligste Thematik zumindest witzig wird ... Alltag halt einfach. Immer wissen, was beim anderen gerade passiert - oft schon, bevor es überhaupt passiert. Natürlich wird sie aber auch bei "Außergewöhnlichem" fehlen. Bei Parties, wo man erst stundenlang gemeinsam die Kleiderschränke nach passender Kleidung durchforstet, bei Geburtstagen, bei Weihnachtsfeiern, bei Thanksgiving Dinners, Theateraufführungen ... Freude andererseits für sie, weil sie sich einen großen Traum erfüllen kann und weil sie eins der mit Sicherheit großartigsten und aufregendsten Jahren ihres Lebens erleben wird.
Und klar, der Egoismus, der die Traurigkeit impliziert, wird letztendlich weggefegt und was bleibt, ist die Freude. Und von daher ist es gut, wie ich finde, dass dieser Erkenntnisschlag mit so viel Verfrühung kam, denn somit kann ich mich jetzt - bzw. ab dem 18. März ;o) - auf die Freude, das aufgeregte Planen und Organisieren etc. konzentrieren. Und es wird großartig.
Another Hero - 2. Mär, 15:43