"It is never too late to be what you might have been."
Gestern, ehe ich aus meinem Studienort wegfuhr, um eine Stippvisite zuhause zu veranstalten, um dort mit meiner Mutter geeignete Kleidungsstücke für diverse Festivitäten (Hochzeit in England, 50. Geburtstag meiner Tante) im Sommer zu kaufen, fühlte ich mich so, wie ich mich manchmal fühle. Dass ich zur schlechteste Version meiner selbst werde. Oder es gar schon bin.
Jeder von uns trägt ja positive und negative Eigenschaften in sich. Eigenschaften, die andere Menschen ihn lieben lassen und solche, die ihn andere Menschen hassen oder - schlimmer noch - gleichgültig sein lassen.
Nun, und ich dachte mal wieder, es ist soweit: ich bin wieder die schlechteste Version meiner selbst. Es ist schon länger nicht mehr so gewesen, dass ich mich so fühlte - eigentlich seit vor England nicht mehr. Das bedeutet nicht, dass ich mich in der restlichen Zeit toll finde, beileibe nicht, nur fühle ich mich auch nicht explizit schlecht in mir, als Ich.
Jedenfalls fuhr also die schlechteste Version meiner selbst nach hause. Eine gute Freundin fuhr mit. Während der Zugfahrt fand ich mich teilweise total bescheuert, manchmal aber auch okay. Wir redeten u.a. über das Buch, was wir zusammen schreiben, und sogar beim Sprechen über dieses Buch dachte ich mir nach vielen Aussagen so, "Oh mein Gott! Was war das denn schon wieder?!" Ich kann noch nichtmal genau sagen, was mich an mir so gestört hat - vermutlich hauptsächlich ein Anflug von Arroganz. Überheblichkeit. Selbstbeweihräucherung. Prahlen. Genau das, was ich um alles in der Welt nicht sein will.
Meine Mama holte mich am Bahnhof ab - mit ca. viertelstündiger Verspätung, da die Besprechung mit einer ihrer Referendarinnen doch etwas länger gedauert hatte. Wie immer, wenn ich dann mal zuhause bin, denkt meine liebe, süße Mami, dass wir etwas zum Kaffee haben müssten - also tranken wir ausgedehnt Kaffee mit Streuselkuchen. Das ist für mich immer der Innbegriff des Ich-bin-kurz-mal-wieder-daheim - die jeweiligen Neuigkeiten aus Familie und Umfeld werden gegen Neuigkeiten aus der Uni ausgetauscht.
Zuhause fühle ich mich immer ... naja, ZUHAUSE halt. Ich habe das Gefühl, ich kann so sein wie ich bin - ich kann auch mal ätzend sein, ich kann die schlechteste Ausgabe meiner Selbst sein, ich kann unausgeglichen sein, patzig, still, motzig ... ich werde immer geliebt. Niemand nimmt es mir dauerhaft übel, man freut sich, dass ich da bin.
Nach dem Kaffee machten meine Mama und ich dann einen Einkaufsausflug - der grandios erfolgreich endete. Ich besitze jetzt ein absolut traumhaft schönes Kleid. Irgendwie hatte ich auch während dieses Einkaufsbummels schon das Gefühl, dass ich mich wieder "bessere" - gerade so, als habe ich die eklige Hero-Ausgabe in meinem Studienort zurückgelassen und als werde sie hier, zuhause, in gewisser Weise gereinigt und wieder annehmbar gemacht. Wir trafen durch Zufall noch einen meiner Grundschulfreunde, mit dem ich sofort ein Date für den Abend ausmachte.
Abends dann auch typisch: Leckeres Abendessen (an meinem Studienort ja auch eher eine Seltenheit), danach ein ebenso leckerer ZDF-Krimi (wobei Peter Siskas Bruder blöd ist), zwischendrin noch ein panischer Computerproblemanruf meiner Schwester, das innerhalb von ca. 2 Sekunden behoben war - und danach das Date.
Ich hatte ihn schon ewig nicht mehr gesehen - ab und zu, ganz selten, läuft man sich mal an Ostern oder Weihnachten in der Kirche über den Weg, aber nicht wirklich oft. Wir tauschten unsere Neuigkeiten aus - durchaus sehr verschiedene Lebenswege, die wir da beschritten haben. Und er erzählte mir etwas sehr lustiges, etwas, wovon er sicher nicht wusste, wieviel es mir eigentlich bedeutet: er erzählte mir, dass er sich noch daran erinnert, dass meine Aufsätze immer so toll waren und dass er sich sogar noch an einen erinnert, von dem er dachte, dass ich den gar nicht selbst geschrieben haben kann - eine Phantasiegeschichte. Er konnte sogar einen Satz fast wörtlich rezitieren. Ich erinnerte mich keinen Deut an diesen Aufsatz, aber es freute mich einfach unbändig, dass sich scheinbar schon in der ganz kleinen Another Hero andeutete, woran letztendlich ihr Herz hängen würde. Es gab mir neuen Antrieb, es freute mich so sehr. Er ließ es sich nicht nehmen, alles zu bezahlen an diesem Abend ("Mach dir mal keine Gedanken, ich bin kein Student mehr!") und nachdem ich mir aus meinem Bücherregal noch ein paar Bücher nahm, in denen ich vorm Einschlafen herumblätterte, schlief ich tief und fest ein.
Heute morgen dann noch ein grandioses Highlight: Ich ging mit meiner Mama einkaufen - und wer fuhr die Rolltreppe herunter, als ich herauf fuhr? MEIN KLAVIERLEHRER. Er erkannte mich, wir waren beide ungefähr auf der Mitte der Rolltreppe - ich rannte einfach blitzschnell gegen den Strom nach unten zurück (mein Lieblingshobby als Kind ;o) ). Und da war er. Er sah aus wie immer: etwas zu dick, mit einem seine karierten Jackets, den pomadig-glänzenden Haaren (die ich ihm einfach nie übel nehmen konnte), dem enorm freundlichen Gesicht, den Wurstfingern, deren Fähigkeiten ich immer so bewundert hatte. Er schüttelte mir liebevoll die Hand, ich sah, wie froh er war, mich endlich mal wiederzusehen. Wir hatten eine tolle Beziehung. Er hat mich aufwachsen sehen (ich begann mit 7 mit dem Unterricht bei ihm, stoppte nach dem Abitur mit 18), eigentlich alles verdanke ich ihm. Hatten unsere unangenehmen Phasen, in meinen Teenagerjahren, als ich nicht gern geübt habe, kurz davor war, alles hinzuschmeißen, nicht mehr bei Jugend Musiziert mitmachen wollte. Später, als ich dann älter wurde, führten wir auch tiefsinnige Gespräche, neben dem Klavierspielen. Ich brachte ihm zu meiner letzten Klavierstunde eine selbstgebackene Schokotorte mit. Er hatte Tränen in den Augen und sagte, ich solle mich immer melden, er lasse mich nur ungern gehen, ich solle das Klavier nie vergessen.
Ich meldete mich in unregelmäßigen Abständen, einmal war sogar fast ein Treffen geplant, dann vergaß er doch, mich anzurufen, er war noch nie ein großer "Melder".
Jetzt jedoch soll es endlich geschehen. Er war froh zu hören, dass das Klavier immer noch eine zentrale Rolle in meinem Leben spielt. Er war begeistert, dass ich rum"komponiere" und will alles hören. Er will hören, was bisher aus mir geworden ist.
Gott, ich freue mich so, ihn getroffen zu haben und ich freue mich so, ihn endlich mal wieder zusehen.
Und ich habe im Gefühl, unter anderem sind es diese Begegnungen gewesen, v.a. die letzte mit meinem geliebten Ex-Klavierlehrer, die ich gebraucht habe. Dass ich wieder zu einer angenehmeren, besseren Version meiner selbst werde.
Alle, die mich in den letzten Tagen erlebt haben, bitte ich, mich zu entschuldigen. Es tut mir leid, wenn es euch auch aufgefallen ist, dass ich eine so eklige Version meiner selbst war. Ich bin auf dem Weg der Besserung! :o)
Jeder von uns trägt ja positive und negative Eigenschaften in sich. Eigenschaften, die andere Menschen ihn lieben lassen und solche, die ihn andere Menschen hassen oder - schlimmer noch - gleichgültig sein lassen.
Nun, und ich dachte mal wieder, es ist soweit: ich bin wieder die schlechteste Version meiner selbst. Es ist schon länger nicht mehr so gewesen, dass ich mich so fühlte - eigentlich seit vor England nicht mehr. Das bedeutet nicht, dass ich mich in der restlichen Zeit toll finde, beileibe nicht, nur fühle ich mich auch nicht explizit schlecht in mir, als Ich.
Jedenfalls fuhr also die schlechteste Version meiner selbst nach hause. Eine gute Freundin fuhr mit. Während der Zugfahrt fand ich mich teilweise total bescheuert, manchmal aber auch okay. Wir redeten u.a. über das Buch, was wir zusammen schreiben, und sogar beim Sprechen über dieses Buch dachte ich mir nach vielen Aussagen so, "Oh mein Gott! Was war das denn schon wieder?!" Ich kann noch nichtmal genau sagen, was mich an mir so gestört hat - vermutlich hauptsächlich ein Anflug von Arroganz. Überheblichkeit. Selbstbeweihräucherung. Prahlen. Genau das, was ich um alles in der Welt nicht sein will.
Meine Mama holte mich am Bahnhof ab - mit ca. viertelstündiger Verspätung, da die Besprechung mit einer ihrer Referendarinnen doch etwas länger gedauert hatte. Wie immer, wenn ich dann mal zuhause bin, denkt meine liebe, süße Mami, dass wir etwas zum Kaffee haben müssten - also tranken wir ausgedehnt Kaffee mit Streuselkuchen. Das ist für mich immer der Innbegriff des Ich-bin-kurz-mal-wieder-daheim - die jeweiligen Neuigkeiten aus Familie und Umfeld werden gegen Neuigkeiten aus der Uni ausgetauscht.
Zuhause fühle ich mich immer ... naja, ZUHAUSE halt. Ich habe das Gefühl, ich kann so sein wie ich bin - ich kann auch mal ätzend sein, ich kann die schlechteste Ausgabe meiner Selbst sein, ich kann unausgeglichen sein, patzig, still, motzig ... ich werde immer geliebt. Niemand nimmt es mir dauerhaft übel, man freut sich, dass ich da bin.
Nach dem Kaffee machten meine Mama und ich dann einen Einkaufsausflug - der grandios erfolgreich endete. Ich besitze jetzt ein absolut traumhaft schönes Kleid. Irgendwie hatte ich auch während dieses Einkaufsbummels schon das Gefühl, dass ich mich wieder "bessere" - gerade so, als habe ich die eklige Hero-Ausgabe in meinem Studienort zurückgelassen und als werde sie hier, zuhause, in gewisser Weise gereinigt und wieder annehmbar gemacht. Wir trafen durch Zufall noch einen meiner Grundschulfreunde, mit dem ich sofort ein Date für den Abend ausmachte.
Abends dann auch typisch: Leckeres Abendessen (an meinem Studienort ja auch eher eine Seltenheit), danach ein ebenso leckerer ZDF-Krimi (wobei Peter Siskas Bruder blöd ist), zwischendrin noch ein panischer Computerproblemanruf meiner Schwester, das innerhalb von ca. 2 Sekunden behoben war - und danach das Date.
Ich hatte ihn schon ewig nicht mehr gesehen - ab und zu, ganz selten, läuft man sich mal an Ostern oder Weihnachten in der Kirche über den Weg, aber nicht wirklich oft. Wir tauschten unsere Neuigkeiten aus - durchaus sehr verschiedene Lebenswege, die wir da beschritten haben. Und er erzählte mir etwas sehr lustiges, etwas, wovon er sicher nicht wusste, wieviel es mir eigentlich bedeutet: er erzählte mir, dass er sich noch daran erinnert, dass meine Aufsätze immer so toll waren und dass er sich sogar noch an einen erinnert, von dem er dachte, dass ich den gar nicht selbst geschrieben haben kann - eine Phantasiegeschichte. Er konnte sogar einen Satz fast wörtlich rezitieren. Ich erinnerte mich keinen Deut an diesen Aufsatz, aber es freute mich einfach unbändig, dass sich scheinbar schon in der ganz kleinen Another Hero andeutete, woran letztendlich ihr Herz hängen würde. Es gab mir neuen Antrieb, es freute mich so sehr. Er ließ es sich nicht nehmen, alles zu bezahlen an diesem Abend ("Mach dir mal keine Gedanken, ich bin kein Student mehr!") und nachdem ich mir aus meinem Bücherregal noch ein paar Bücher nahm, in denen ich vorm Einschlafen herumblätterte, schlief ich tief und fest ein.
Heute morgen dann noch ein grandioses Highlight: Ich ging mit meiner Mama einkaufen - und wer fuhr die Rolltreppe herunter, als ich herauf fuhr? MEIN KLAVIERLEHRER. Er erkannte mich, wir waren beide ungefähr auf der Mitte der Rolltreppe - ich rannte einfach blitzschnell gegen den Strom nach unten zurück (mein Lieblingshobby als Kind ;o) ). Und da war er. Er sah aus wie immer: etwas zu dick, mit einem seine karierten Jackets, den pomadig-glänzenden Haaren (die ich ihm einfach nie übel nehmen konnte), dem enorm freundlichen Gesicht, den Wurstfingern, deren Fähigkeiten ich immer so bewundert hatte. Er schüttelte mir liebevoll die Hand, ich sah, wie froh er war, mich endlich mal wiederzusehen. Wir hatten eine tolle Beziehung. Er hat mich aufwachsen sehen (ich begann mit 7 mit dem Unterricht bei ihm, stoppte nach dem Abitur mit 18), eigentlich alles verdanke ich ihm. Hatten unsere unangenehmen Phasen, in meinen Teenagerjahren, als ich nicht gern geübt habe, kurz davor war, alles hinzuschmeißen, nicht mehr bei Jugend Musiziert mitmachen wollte. Später, als ich dann älter wurde, führten wir auch tiefsinnige Gespräche, neben dem Klavierspielen. Ich brachte ihm zu meiner letzten Klavierstunde eine selbstgebackene Schokotorte mit. Er hatte Tränen in den Augen und sagte, ich solle mich immer melden, er lasse mich nur ungern gehen, ich solle das Klavier nie vergessen.
Ich meldete mich in unregelmäßigen Abständen, einmal war sogar fast ein Treffen geplant, dann vergaß er doch, mich anzurufen, er war noch nie ein großer "Melder".
Jetzt jedoch soll es endlich geschehen. Er war froh zu hören, dass das Klavier immer noch eine zentrale Rolle in meinem Leben spielt. Er war begeistert, dass ich rum"komponiere" und will alles hören. Er will hören, was bisher aus mir geworden ist.
Gott, ich freue mich so, ihn getroffen zu haben und ich freue mich so, ihn endlich mal wieder zusehen.
Und ich habe im Gefühl, unter anderem sind es diese Begegnungen gewesen, v.a. die letzte mit meinem geliebten Ex-Klavierlehrer, die ich gebraucht habe. Dass ich wieder zu einer angenehmeren, besseren Version meiner selbst werde.
Alle, die mich in den letzten Tagen erlebt haben, bitte ich, mich zu entschuldigen. Es tut mir leid, wenn es euch auch aufgefallen ist, dass ich eine so eklige Version meiner selbst war. Ich bin auf dem Weg der Besserung! :o)
Another Hero - 21. Apr, 09:54
waszum - 21. Apr, 14:11
Das allerschönste an dieser Geschichte ist, dass es so schnell wieder bergauf geht. Ich freue mich sehr für dich.
antworten
Solskin - 23. Apr, 23:50
Versionen...
...sind im Grunde fürn Arsch. Ich muss es so direkt sagen, denn nur zu oft ertappe ich mich dabei, wie ich für andere eine bestimmte Version versuche zu sein und wie sehr ich mir in dem Moment wünsche, nur ich selbst bitte sein zu dürfen. Ich finde, du musst dich nicht entschuldigen bei anderen, wenn du eine "schlechte" Version von deiner selbst bist oder glaubst zu sein, denn auch das bist du, völlig egal, wie viel Sonne du sonst verströmst und wieviele Energieumarmungen du auch verteilst. Mal ganz davon abgesehen, dass es sicher keiner oder die allerwenigsten gemerkt haben. Entschuldigen müsstest du dich, wenn du jemanden verletzt hast dadurch. Ich finde ja, dass man IMMER genau das sein dürfen sollte, was man gerade will, die Freunde sollten das akzeptieren, so lange es sie nicht persönlich angreift.
Ich glaube, und da fühle ich mich jetzt selbst fast entschuldigungsreif, dass ich das nur schreibe, weil es mich selbst auch irgendwie belastet, diese ganze Thematik. Naja, fass es nicht egoistisch auf, ich finde, du bist ne tolle Person und ein paar schlechte Eigenschaften schaden diesem Bild beileibe nicht.
Ich glaube, und da fühle ich mich jetzt selbst fast entschuldigungsreif, dass ich das nur schreibe, weil es mich selbst auch irgendwie belastet, diese ganze Thematik. Naja, fass es nicht egoistisch auf, ich finde, du bist ne tolle Person und ein paar schlechte Eigenschaften schaden diesem Bild beileibe nicht.
The_Skywalker - 24. Apr, 08:20
Ich weiß nicht, ich bin da mal wieder nicht ganz deiner Meinung. Ich finde durchaus, dass man sich bemühen kann, immer der beste Mensch zu sein, der man in der Lage ist, zu sein. Ich versuche das. Wenn ich merke, ich bin schlecht drauf oder es ist nicht mein Tag, ich motze unnötig viel oder verhalte mich überheblich oder geringschätzig, dann stört mich das. Denn es sind keine guten Eigenschaften und ich möchte so nicht sein.
Ich denke, es geht nicht darum, jemand anderes sein zu wollen oder sich verstellen zu müssen. Ich glaube, es geht einfach darum, sich wohl mit seinem Selbst zu fühlen. Und das tue ich, wenn ich mich einfach bemühe, vielleicht trotz eines schlechten Tages menschlich das Beste zu geben, wozu ich fähig bin.
Ich denke, es geht nicht darum, jemand anderes sein zu wollen oder sich verstellen zu müssen. Ich glaube, es geht einfach darum, sich wohl mit seinem Selbst zu fühlen. Und das tue ich, wenn ich mich einfach bemühe, vielleicht trotz eines schlechten Tages menschlich das Beste zu geben, wozu ich fähig bin.