Mittwoch, 21. März 2007

"So shines a good deed in a naughty world" (Portia in William Shakespeares "The Merchant of Venice")

Ich denke, die meisten Leute versuchen, ein guter Mensch zu sein.
Ich auch.
Als ich mit meiner Schwester während meines Englandaufenthaltes letztes Jahr zum Beispiel eine kleine Rundreise machte, beschloss ich, Pennern und merkwürdig und obdachlos anmutenden Menschen nicht mehr so abweisend gegenüber zu reagieren, wie ich bisher das Gefühl hatte es getan zu haben. Sprach mich einer an, hatte ich stets versucht, so zu tun, als habe ich es nicht gehört oder sei in ein Schaufenster o.ä. so sehr vertieft, dass ich nichts außen herum mehr wahrnehmen konnte. Warum ich das tat? Ich denke, teilweise aus Angst, jene Personen könnten mich angreifen, vielleicht auch ein bisschen Ekel - aber genau weiß ich es gar nicht.
Daher beschloss ich, es einfach nicht mehr zu tun.
Und so kam es, dass ich mich mit einem Obdachlosen in Cambridge unterhielt während ich auf meine Schwester wartete. Er hatte mich einfach angsprochen. Nicht um Geld zu erbetteln, nicht um mich anzumachen - nein, er suchte einfach Kommunikation. Und die gab ich ihm. Er erzählte mir von seinem Leben, wie es dazu kam, dass er jetzt so war wie er war und welche Hoffnung er hatte, es zu ändern und wodurch.
Was davon stimmte, weiß ich nicht. Das ist letztendlich auch belanglos. Fakt ist, dass ich danach dachte - hey, du warst gerade nett und er war auch sehr nett.
Und so beschloss ich, einfach "netter" zu sein zu allen, solange sie mir nichts taten.

Heute wurde mir jedoch klar, dass das nicht immer der richtige Weg ist.
Normalerweise gebe ich Bettlern nichts. Wirklich nicht. Es ist bekannt, dass manche Bettler horrende Summen am Tag einnehmen und sich auch nicht gerade sehr vorbildlich verhalten. Ich glaube, daher bin ich so zurückhaltend. Zumal ja auch nicht alle unschuldig an ihrer Situation sind.
Doch heute sprach mich ein älterer Herr am Bahnhof an. Ich stand da gerade so rum und wartete darauf, dass ich mit einem Freund sprechen konnte. Er war gerade am arbeiten, d.h. ich musste warten, bis die Kundschaft bedient und zufrieden abgezogen war. Da sprach er mich an. Er fragte, ob ich etwas Kleingeld habe. Ich wusste, dass ich sogar reichlich Kleingeld hatte - morgens beim Frisör war es mir aufgefallen, dass mein Geldbeutel vor Kleingeld fast zerbarst.
Da ich gerade sehr gut gelaunt war (zugegebenermaßen nicht gerade eine Seltenheit), und mir dachte, hey, warum eigentlich nicht, gab ich ihm 50 Cent. Für mich keine Summe. Merke ich gar nicht.
Natürlich dachte ich mir, dass dieser Mann sicherlich nichts "Sinnvolles" mit dem Geld anfangen wird. Aber andererseits dachte ich mir, dass wenn er das Geld versaufen will und damit zumindes für eine kurze Zeit halbwegs glücklich wird - dann sei's drum. Sein Leben ist wahrscheinlich schon so verpfuscht, dass das den Bock auch nicht mehr fett macht. Und besser er bekommt es, als er klaut, denn am Bahnhof stehen ja schon öfters mal kurzfristig unbeaufsichtige Gepäckstücke und Handtaschen herum.
Als ich mich allerdings dann wieder meinem Freund zuwendete, der nun kundenfrei für mich da war, fragte er mich, ob ich allen Ernstes diesem Menschen, der nun dankend abzog, Geld gegeben hätte - was ich wahrheitsgemäß bejahte. Er meinte, ich solle das nie wieder tun. Er hätte diesen Mann während seiner Arbeitszeit schon des öfteren beobachtet und er sei ein unfreundlicher Mensch, unhöflich, unmöglich und noch dazu denke er, er klaue auch.

Was ich nun also erkennen muss ist, dass die Welt nicht so nett ist wie ich. Ich glaube an das Gute im Menschen, doch ich glaube, ich muss lernen, dass das nicht immer sehr viel ist. Nicht in jedem Menschen ist viel Gutes. Ich hatte das unbeschreibliche Glück, nur umgeben von "guten" Menschen aufzuwachsen und bin auch jetzt umgeben von solchen.
Doch ich darf von dort nicht auf die ganze Welt schließen. Ich darf nicht naiv sein. Und daher ist auch nicht jede gute Tat tatsächlich eine solche.

"Far away there in the sunhine are my highest aspirations. I may not reach them, but I can look up and see their beauty, believe in them, and try to follow where they lead." (Louisa May Alcott)

Jeder hat Träume. Beziehungsweise jeder sollte Träume haben.
Es gibt verschiedene Arten von Träumen - manche sind realistisch und, wenn alles glatt geht, werden sie auch in Erfüllung gehen.
Doch dann gibt es noch diese Träume, die alles andere als realistisch sind, Träume, die man zunächst einmal Kindern zu schreibt. Kinder, die davon träumen, mal Ballerina zu sein oder Fußballstar. Ich persönlich träumte zunächst davon, Schauspielerin zu werden. Dann Astronautin. Ich las sogar Bücher über Astronauten, habe immernoch ein sehr tolles, das mir meine Eltern zum Geburtstag schenkten, in dem alles genau erklärt ist. Was man trägt, wie die Luftdruckveränderung wirkt ...
Der Astronautentraum wurde irgendwann ad acta gelegt. Zusammen mit anderen. Nicht, weil sie unrealistisch gewesen wären, sondern weil ich einfach in gewisser Weise das Interesse daran verlor. Also ich würde immer noch gerne mal als Astronaut in den Weltraum fliegen, aber andere Träume haben sich in den Vordergrund gedrängt. Es gibt etliche Träume momentan. Unter anderem auch den von Solskin von gestern. Und noch viele mehr.
Ich bin jetzt doch schon wesentlich älter als jenes kleine Mädchen, was Schauspielerin werden wollte. Damals wollte ich zunächst Theaterschauspielerin werden. Dann, als ich anfing in die Pubertät zu kommen und zu "self-conscious" (mir fällt nie ein passendes deutsches Äquivalent dazu ein) wurde, zog ich den Film vor, da man da sein Publikum ja nicht direkt sieht und ich dachte, dass es mir so leichter fallen würde, zu spielen.
Jetzt, etliche Jahre nach Entstehung dieses Traumes, bin ich auf der Theaterbühne angelangt - es war ganz einfach. Ich liebe es. Es ist nicht mein Beruf, es ist mein Hobby - Gott sei Dank. Mein großer Traum ist es natürlich, mal in einem richtigen Film oder im Fernsehen eine Rolle spielen zu können. Dies, so bin ich fast fest überzeugt, ist einer der unrealistischen Träume. Ich habe keine Kontakte, keine perfekte Figur, sehe durchschnittlich aus, bin vermutlich noch nichtmal überdurchschnittlich begabt, bin zu nett und rücksichtsvoll um mich durchbeißen zu können und, wie gesagt, kenne niemanden, der auch nur annähernd damit zu tun hätte.
Das Interessante an der ganzen Sache ist ja. Wenn ich die Oscar-Verleihung anschaue, will ich das auch. Wenn ich einen Film sehe, will ich da auch mitspielen. Doch ganz tief drinnen weiß ich, dass es nie passieren wird.
Doch noch ein ganz kleines Stückchen tiefer drinnen, ist noch ein Funken Hoffnung. Der Traum glüht noch. Natürlich ist er zugedeckt von der Vernunft und er weiß auch, dass ich ihn nicht ernsthaft verfolge, aber dennoch ist er stets da. Er ruft sich zuweilen in Erinnerung, doch das ist eigentlich gar nicht nötig, denn ich habe ihn sowieso nicht vergessen. Im Laufe der Zeit haben sich die Ansprüche an ihn auch zumindest leicht heruntergeschraubt. Doch er bleibt.
Und erst wenn er weg ist, fange ich an, mir Sorgen um mich zu machen.

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